
Einen besonders wichtigen Beitrag hat Kant in Bezug auf die Gottesbeweise geleistet. Das Handwerkszeug dafür liefert die Kritik der reinen Vernunft. Die Menschheit hatte eine lange Periode hinter sich, in der Mystiker, Alchimisten, Astrologen und die allesbeherrschende Doktrin der katholischen Kirche das Denken über mehr als ein Jahrtausend völlig dominiert hatten.
Der ontologische Gottesbeweis
Anselm von Canterbury, 11.Jhd. Descartes greift ihn 100 J. vor Kant wieder auf. Gott aus dem Sein schließen (to on – tou ontos = Das Sein, des Seienden). Wenn Gott ein notwendiges und vollkommenes Wesen ist, gehört zur Vollkommenheit auch die Existenz.
1) Es ist ein Unterschied zwischen dem Dasein von Urteilen und dem Dasein von Dingen.
Bsp.: Urteil: Ein Triangel umschließt 3 Winkel (Notwendig, zwingend allgemein). Das Urteil ist keine Voraussetzung für das Vorhandensein eines Dinges Triangel.
2) anders formuliert: Gott ist das allerrealste Wesen.
Ist: Dieses Ding existiert: ein analytischer oder synthetischer Satz? Analytisch! Er fügt dem Begriff Gott nichts hinzu. Gott bleibt nichts als ein möglicher Gedanke.
Der kosmologische Gottesbeweis
a) Bewegungsbeweis des Aristoteles: alles Bewegte wird von etwas anderem bewegt bis zum ersten Beweger: Gott. b) als Kausalbeweis: Vom Dasein Gottes wird auf die Welt geschlossen: Butter schmilzt-Wärme im Zimmer-Temperatur draußen. Nichts kann eine Absolutheit zugesprochen werden. Also muss am Ende der Kausalkette etwas Unbedingtes, eine schlechthin notwendige Ursache stehen.
Kant: Das absolut Notwendige muss, wenn schon nichts Empirisches absolut notwendig ist, muss außerhalb der Welt angenommen werden. Eine Kausalität ist aber nur für die Sinnenwelt sinnvoll, außerhalb nicht beweisbar und entspringt dem Bedürfnis der Vernunft.
Der teleologische Gottesbeweis
gr. Telos=der Zweck, das Ziel: Lehre von der Zweck-mäßigkeit und Zielgerichtetheit. Nach Kant der älteste und klarste Beweis: In der Natur waltet eine Ordnung und Zweckmäßigkeit: Bäche fließen nach unten, Insekten dienen Vögeln als Nahrung. Von dieser Ordnung wird auf einen Urheber, einen vollständigen Zweck geschlossen. Kant: setzt man die Kette fort, würde das höchste Wesen in der Kette dieser Bedingungen stehen, wäre selbst bedingt (das Paradoxon der Diskussion zwischen Gott und dem Teufel basiert darauf). Der Beweis könnte also höchstes zu einem Weltbaumeister, der durch die Tauglichkeit seines Stoffes immer sehr eingeschränkt sein, aber nicht zu einem Weltschöpfer, dessen Idee alles unterworfen ist führen.
Gott: das transzendentale Ideal
Nachdem Kant durch die 4 Antinomien aufgezeigt hat, dass sich der Verstand bei Aussagen über reine Vernunftbegriffe in Widersprüche verwickelt, wird klar, dass er sich beim höchsten dieser Ideale, Gott, genauso aufs geistige Glatteis begibt. Gott bleibt ein fehlerfreies Ideal, ein Begriff, welcher die ganze menschliche Erkenntnis schließt und krönt, dessen objektive Realität zwar nicht bewiesen aber, aber auch nicht widerlegt werden kann.
Somit hat Kant 500 Jahre nach Thomas von Aquin dessen Versuche, die Existenz Gottes zu beweisen, widerlegt und 100 Jahre vor Ludwig Feuerbach die Unmöglichkeit aufgezeigt, die Nicht-Existenz Gottes beweisen zu können. (Kant für Anfänger, Die Kritik der reinen Vernunft, Ralf Ludwig, München, 13.A.2008, DTV)