Schlichtheit

Es öffnet sich die Gittertüre des Gartens

mit der Fügsamkeit der Seite,

von häufiger Devotion befragt,

und drinnen brauchen die Blicke

nicht der Dinge zu achten,

die schon ganz im Gedächtnis sind.

Ich kenne die Gewohnheiten und die Seelen

und diesen Dialekt der Anspielungen,

den sich jede menschliche Versammlung zurechtlegt.

Nicht brauche ich zu sprechen

noch Schmeicheleien vorzulügen,

gut kennen mich, die mich hier umgeben,

gut wissen sie um meine Ängste und Schwächen.

Dies heißt das Höchste erreichen,

was uns vielleicht sonst nur dereinst im Himmel zu erreichen beschieden ist:

keine Bewunderungen, keine Siege

sondern einfach zugelassen sein

als Glied einer unleugbaren Realität,

wie die Steine und die Bäume.

Übersetzer: Curt Meyer-Clason, in zyklische Nacht, ausgewählte Gedichte S/D

Embed from Getty Images

Vertrautheit

Es öffnet sich das eiserne Gartentor

mit der Geschmeidigkeit einer Buchseite,

die man hingebungsvoll oftmals befragt

und drinnen brauchen die Blicke

die Dinge nicht zu bestimmen

die schon vollständig in unserer Erinnerung sind.

Ich kenne die Angewohnheiten und die Seelen

und diesen Tonfall der Anspielungen

den jede Gruppe von Menschen anzettelt.

Ich brauche nicht zu sprechen

keine erlogenen Privilegien;

die hier um mich sind kennen mich gut,

meine Mutlosigkeit und meine Schwäche sind gut bekannt.

Dies bedeutet das Höchste zu erreichen,

was dereinst uns der Himmel verheißt:

keine Bewunderung keine Siege

nur schlichtweg angenommen sein

als Teil einer unleugbaren Gegenwart,

wie die Steine und die Bäume.

Deutsch von Robert Seidemann; Widmung: An Haydée Lange

Embed from Getty Images

Llaneza

Se abre la verja del jardín

con la docilidad de la página

que una frecuente devoción interroga

y adentro las miradas

no precisan fijarse en los objetos

que ya están cabalmente en la memoria.

Conozco las costumbres y las almas

y ese dialecto de alusiones

que toda agrupación humana va urdiendo.

No necesito hablar

ni mentir privilegios;

bien me conocen quienes aquí me rodean,

bien saben mis congojas y mi flaqueza,

Eso es alcanzar lo más alto,

lo que tal vez nos dará el Cielo:

no admiraciones ni victorias

sino sencillamente ser admitidos

como parte de una Realidad innegable,

como las piedras y los árboles.

Jorge Louis Borgés, Poemas 1923-1958, Widmung: A Haydée Lange

Embed from Getty Images