Das Erkenntnismodell nach Kant

Durch Anschauung, Begriff und Urteil wird uns die Wirklichkeit gegeben.

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Meteora Klöster, Griechenland, Foto: Robert Seidemann 1986

Die  Frage, die Kant in seiner ersten Kritik untersucht, ist die Art und Weise, wie wir die Wirklichkeit erkennen. Er entwirft dazu ein Modell, das sich gut mit den jüngsten Forschungsergebnissen der Neurophysiologen deckt. In seiner Arbeit benutzt er eine Reihe von Begriffen, die für er seinem Modell zugrunde gelegt hat und die für ein Verständnis unabdingbar sind. Ich habe hier einige davon als Liste zusammen-gestellt: Ausdruck Begriffe zu Kritik der reinen Vernunft. Bei seiner Betrachtung  ist er  darauf aus, die dieser Erkenntnis zu Grunde liegenden Aspekte herauszuarbeiten. Dazu muss alles weg, was aus der Erfahrung stammt. Dieses Wissen ist zufällig und personenbezogen, taugt also nichts für fundamentale Erklärungen. Es entwickelt sich ein Erkenntnismodell, wo Begriffe aus dem Verstand und die Erfassung der Wirklichkeit über unsere fünf Sinne sich gegenseitig durchdringen. Jeweils für sich allein können sie nichts bewirken: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind“. (Die Kritiken, Zweitausendeins Verlag, 2008, S.134). Damit erklärt sich, warum der Ire 60 Arten von Grün kennt, ein Geologe beim Spaziergang endlose Details aufzeigt, wo ein Laie nur graue Felsen sieht und warum neue Erkenntnistechniken wie die Optik oder die Weltraumfahrt unser Weltbild so stark prägen, dass wir von der Erde heute eine Vorstellung als blauer Kugel haben. Frühere Generationen haben Begriffe wie Scheiben und Sphären verwendet. Hier nun in kurzen Zügen die Grundpfeiler des kantschen Modells zu Erkenntnis und Urteilsbildung mit einigen Beispielen:

1 Transzendentale Ästhetik

Innerhalb der Sinnlichkeit ordnen Raum und Zeit alle Empfindungen: Gegenstände werden uns gegeben.

2 Transzendentale Logik

Der Verstand formt die geordneten Empfindungen und erhebt sie zu Begriffen. Gegenstände werden gedacht.

3 Transzendentale Analytik

Begriffe werden vom Verstand zu Urteilen verknüpft. (Im Prinzip ist Begriffsbildung auch schon ein Urteil, Unterabteilung von 2). Ordnungsfaktoren dieser verknüpfenden Tätigkeit nennt er transzendentale Grundbegriffe oder Kategorien:

I.                    Quantität: Allgemeine – Besondere – Einzelne

II.                  Qualität: Bejahende – Verneinende – Unendliche

III.                Relation: Kategorische – Hyphotetische – Disjunktive

IV.                Modalität: Problematische – Assertorische – Apodiktische

Einzelurteil: Sam ist Amerikaner

Besonderes: Einige Tiere sind Beuteltiere

Allgemeines: Alle Menschen sind sterblich

Bejahendes: Der Dom von Florenz ist hoch

Verneinendes: Die Uffizien sind nicht hoch

Unendliches: Jenes Haus am Arno ist kein Dom (könnte sonstwas sein: Wohnhaus, Krankenhaus…)

Kategorisches: Das Dreieck hat drei Seiten. Der Kreis ist rund. Unbedingtes Urteil

Hypothetisches: Wenn die Sonne scheint, schmilzt die Butter

Disjunktives: Der Hund ist entweder ein Schäferhund oder ein Dackel

Problematisches: Es könnte heute Schnee fallen (vermutendes)

Assertorsiches: Es wird heute schneien (behauptendes Urteil)

Apodiktisches: Ich muss eines Tages sterben

Wie kann sich nun etwas, das jenseits meiner Verfügbarkeit und Begreiflichkeit ist, auf mich beziehen?  Durch die transzendentale Deduktion. Mein Verstand formt den Begriff Katze. Subsumierung der Anschauung unter die Kategorie, die Allheit Tier mit Pfoten. Gibt es nun Kategorien, weil es Gegenstände gibt, oder gibt es Gegenstände, weil es Kategorien gibt? Hier im Beispiel: Die Kategorie der Einheit produziert die Anschauung des Fellwesens. Alternativ die Kategorie der Relation: Die Butter auf dem Tisch schmilzt, weil die Sonne scheint. Die sinnliche Erfahrung nimmt die Sonne wahr und sieht die Verflüssigung der Butter. Das Kausalprinzip stammt aus dem Verstand. Es gilt notwendig und allgemein (a priori) für alle Erfahrung.
Der Verstand prägt wie ein Stempel die Kategorie der Kausalität in das Rohmaterial der sinnlichen Wahrnehmung und findet diese in der Wahrnehmung wieder.

Objektiv: Einschaltung des „Ich denke“ für die Erkenntnis.

Wichtiger Aspekt in der Urteilskraft: Das subjektive “ich denke“ ist die objektive Bedingung für das Erkennen von Objekten. Das erkannte Objekt ist nichts anderes als das Produkt der einigenden Tätigkeit des „Ich denke“, das sich der reinen Denkformen, der Kategorien, bedient, ja sogar ihnen noch vorgeschaltet ist. Verstand ist das Vermögen der Erkenntnisse.

Bsp: § zum Mord im StGb.: die objektive Gültigkeit muss durch die subjektive Beurteilung von Richtern usw. geklärt werden.

§22 Die Kategorie hat keinen anderen Gebrauch zum Erkenntnisse der Dinge, als ihre Anwendung auf Gegenstände der Erfahrung. Gesetzte existieren nicht in den Erscheinungen, sondern in deren Bezug auf das Subjekt.